


Von der Idee zur Errichtung eines Denkmals für Organspende in Berlin bis zur Matinee am 31. Juli 2022 war es ein langer Weg: allen voran begann die Patientenstiftung Aktion Niere bereits 2017 die Abstimmungsgespräche zur Umsetzung – u. a. auch mit der Charité, die ihre Unterstützung signalisierte. Im Mai 2021 wurde das sogenannte DANK-Mal wegen der damaligen Corona Sicherheitsmaßnahmen ausschließlich im Beisein von Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Medizin auf dem Gelände des Charité Campus Virchow-Klinikum enthüllt.
Umso größer war die Freude darüber, dass sich nun auch Organempfangende und Angehörige von Organspendenden am vorletzten Sonntag bei einer festlichen Matinee auf der Grünfläche um das DANK-Mal versammeln konnten, das der Charité – Universitätsmedizin in diesem Frühjahr vom Bundesverband Niere e. V. überlassen wurde. In bewegenden Beiträgen berichteten einige der Anwesenden über das neu gewonnene Leben nach einer Organtransplantation. Auf großes Interesse stieß die Veranstaltung auch bei vielen Charité-Patientinnen und -Patienten, die sich bei strahlendem Sonnenschein dazugesellten.
Prof. Dr. Ulrich Frei, der die Gäste im Namen des Charité-Vorstands begrüßte, hob hervor, welch wichtige Rolle die Sorge um die Organspende, aber auch der Dank an die Organspendenden für ein großes Transplantationszentrum spiele. Das DANK-Mal sei zur Freude der Patientinnen und Patienten, der Mitarbeitenden, der Besucherinnen und Besuchern zum Schmuckstück der Mittelallee des Virchow-Campus geworden und erinnere alle an die kurze schicksalshafte Berührung von Spendenden und Empfangenden im Augenblick der Organspende und Transplantation.
Dennoch ergebe sich für die Organspende und die Transplantation der vielen schwer kranken Menschen auf den Wartelisten derzeit ein düsteres Szenario. Die Organspende in Deutschland – im europäischen Vergleich immer schon gering – sei im ersten Halbjahr 2022 weiter eingebrochen (siehe https://www.dso.de/organspende/statistiken-berichte/organspende). „Die Gründe mögen vielfältig sein, wie die Belastung von Intensivstationen und Personal in der Pandemie. Jeder ist besorgt, eine gewisse Erschöpfung macht sich breit und keiner handelt“, so Prof. Frei.
Es sei in den vergangenen Wochen und Monaten im Rahmen von G7 und europäischer Solidarität viel über gemeinsames und abgestimmtes Handeln gesprochen und die Übereinstimmung auf vielen Feldern betont worden, man frage sich aber, weshalb dieses Vorgehen nicht auch auf das Gesundheitswesen angewendet werde.
Auch werde von „Zeitenwende“ gesprochen und viele bestehende Gewissheiten seien auf den Prüfstand gestellt, leider nicht so im Gesundheitswesen: „Dort sitzen alle weiterhin in den Schützengräben ihrer vorgefassten Meinungen.“
Mehrere Vorgehensweisen in den befreundeten europäischen und G7 Staaten kämen in Deutschland nicht zur Anwendung oder würden gar mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt, „wobei man sich verwundert fragt, ob in diesen Ländern andere, ja gar minderwertigere juristische und ethische Standards gelten“.
Beispiele seien die Widerspruchslösung, die Anwendung von cross-over und sequentiellen Lebendspenden, die altruistische Lebendspende und die Organspende nach irreversiblem Kreislauftod.
Prof. Frei fragte, ob es für moralische Minderwertigkeit spreche, dass z. B. die Schweiz gerade per Volksentscheid die Widerspruchslösung eingeführt habe oder in Holland die Organspende nach dem Kreislauftod und Cross-over Spenden erlaubt sei.
„Sollten wir für diese festgefahrenen Positionen nicht auch für Deutschlands Gesundheitswesen eine „Zeitenwende“ einläuten oder wie es in der Strategie der Charité heißt „Gesundheit neu denken“?“
Er hoffe, das immerwährende Bohren der Patienten und Betroffenen werde langsam zu politischen Entscheidungen in Deutschland führen, die die äußerst schlechten Organspende-Zahlen samt denen der Transplantationen ansteigen ließen. Der Solidarität der Charité könne man bei diesem Thema gewiss sein, versicherte Prof. Frei.
Kontakt
Dr. Inka Gotthardt
Med. Kinik m.S. Nephrologie und Internistische Intensivmedizin
Charité – Universitätsmedizin Berlin
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